Mehr Geschichte eines Landes an einem Ort gibt es nicht! Im 15. Jahrhundert von den Osmanen besiedelt, ab 1918 Zugehörigkeit zu Jugoslawien mit einem Bunkersystem des Führers Tito, 1984 Austragungsort der Olympischen Winterspiele in Sarajevo, 1992 gewählte Unabhängigkeit von Jugoslawien und eine im gleichen Jahr beginnende Belagerung der Hauptstadt, welche bis 1996 andauerte.
Auch heute spürt man diese Geschichte in der Hauptstadt. Bei einem Spaziergang über den türkisch angehauchten Basar wird man in die osmanische Zeit zurückversetzt. Beim Begutachten der Wohnhäuser sieht man Einschusslöcher aus der Belagerung Sarajevos. Auf dem Hausberg Trebevic findet man verlassene Sportstätten, wie die Bobbahn der Olympischen Spiele vor, welche auch als Schützengräben im Krieg genutzt wurden.
Titos Bunker
Auf unserer Fahrt von Mostar nach Sarajevo übernachteten wir in der Nähe von Konjic in einem kleinen Tal. An dessen Bach konnten wir uns frische Forellen fangen und über dem Feuer grillen. Am nächsten Morgen machten wir uns auf, nahe der beschaulichen Stadt Konjic, ein bis 2011 gehütetes Geheimnis zu besuchen. Die Rede ist hier von Titos D0-Bunker. Dieser sollte ihn im kalten Krieg vor einem atomaren Angriff anderer Nationen schützen. Da zu diesem Zeitpunkt die Hauptstadt Jugoslawiens Belgrad war, erstaunt es umso mehr, dass sich der Bunker des damaligen Staatschefs rund 300 Kilometer weit entfernt befand. Dies hatte den einfachen Grund des landschaftlichen Vorteils, wobei dieser aus hohen umliegenden Bergen bestand.
Tito lies den damals größten Bunker Jugoslawiens mit ca. 6.000 m2 und einer Kapazität für 300 Soldaten und 50 Regierungsmitglieder bauen. Die damaligen Kosten betrugen 4,6 Milliarden Euro bei einer Bauzeit von 26 Jahren (1953-1979). Diese lange Bauphase resultierte daraus, dass der Bunker von Hand in den Berg gegraben werden musste, um kein Aufsehen zu erregen. Denn der Bunker wurde, wie bereits geschrieben, bis 2011 vor der gesamten Öffentlichkeit geheim gehalten.
Ein Besuch im Bunker kostet 20 BAM und ist auf alle Fälle lohnenswert. Die Tickets dafür konnten wir direkt vor Ort am Eingang kaufen. Da in direkter Nachbarschaft eine Munitionsfabrik noch aktiv ist, mussten wir vor dem Gelände auf die Guides warten.
Stadtbesichtigung Sarajevo
Angekommen auf dem Zeltplatz oberhalb Sarajevos, am Berg Trebevic, begaben wir uns über steile Straßen in das Stadtzentrum, wo bereits bei Ankunft die ersten Sehenswürdigkeiten auf uns warteten. Als erstes überquerten wir die Lateinerbrücke, wo am 28. Juni 1914 der Erzherzog Österreich-Ungarns und seine Frau ermordet wurden. Dieses Ereignis gilt als Auslöser des ersten Weltkrieges. Weiter im Osten des Stadtzentrums liegt das alte Rathaus und die Bibliothek Sarajevos, welches während der Belagerung der Stadt fast vollständig abbrannte. Eine bis 2014 dauernde Restaurierung lässt das Gebäude heute in seinem originalen Aussehen erstrahlen.
Auf unserem Weg weiter in die Mitte der Altstadt, standen wir bereits nach wenigen Schritten auf dem orientalischen Basar, welcher in seinem Zentrum auf dem Baščaršija Platz einen Trinkbrunnen namens „Sebilj“ hat. Dieser wurde bereits im 19. Jahrhundert erbaut. Direkt nebenan findet man die größte Moschee der Stadt – die „Gazi Husrev-Begova Moschee“. Sie zeigt wieder einmal das osmanisch angehauchte Leben. Am westlichen Ende des Basars konnten wir einen plötzlichen Wechsel der Bebauung feststellen. Hier endet der orientalische Teil und geht über in neuzeitliche Gebäude. Sarajevo besitzt eine Vielzahl an Museen zur Geschichte der Stadt und des Landes, wovon sicher viele zu empfehlen sind.
Verlassene Olympiastätte Trebevic
Am nächsten Morgen sind wir vor Abreise aus Sarajevo an die alte Olympiastätte auf dem Trebevic gefahren und haben uns die verlassene Bobbahn angeschaut. Direkt an der Hauptstraße befinden sich dafür genügend Parkplätze und man läuft von dort auf einer gesperrten asphaltierten Straße ca. 10 Minuten. Dann erreicht man eine auf Stelzen gebaute Kehre, welche an einer Lichtung im Wald gelegen ist. Man kann über Stufen die Bobbahn betreten und ihr zum oberen oder unteren Ende folgen. Hin und wieder gibt es einige kleine Teilstücke, welche in anderer Richtung verlaufen als die Hauptroute. Definitiv ein Muss beim Besuch von Sarajevo, denn wo kann man in einer Bobbahn spazieren?
Für noch mehr Fotos klickt HIER.